Die Aufgabe der fünften nachatlantischen Zeit

Die anthroposophische Geisteswissenschaft teilt die großen Zeitepochen, eine davon war die alte Atlantis und ist die jetzige nachatlantische Zeit, wiederum in kleinere Kulturperioden. Diese umfassen 2160 Jahre. Die nachatlantische Zeit wird in die urindische, die urpersische, die ägyptisch-chaldäische, die griechisch-lateinische und die jetzige fünfte Kulturperiode eingeteilt. Jede dieser Kulturperioden, die Menschen die in ihnen leben und wirken, haben eine bestimmte Aufgabe zu lösen. „Jede solche Epoche hat eine besondere Aufgabe, wobei ich Sie bitte, nicht zu denken an eine bloße theoretische, wissenschaftliche Aufgabe, an irgend etwas, was nur mit Erkenntnissen zu tun hat, sondern jede Epoche hat eine Aufgabe in dem Sinne, daß diese Aufgabe lebensvoll gelöst werden muß; daß im Leben selber Impulse auftreten müssen, mit denen sich die einzelnen Menschen, die in diesen Epochen leben, abzufinden haben, an denen sie zu ringen haben, aus denen heraus nicht nur ihre Vorstellungen entstehen, aus denen heraus ihre Gemütsbewegungen entstehen, dasjenige sich ergibt, was sie lieben, was sie hassen, – dasjenige aber auch sich ergibt, was sie als Willensimpulse in sich aufnehmen. Also im weitesten Umkreise können wir sagen, daß eine jede solche Epoche eine Aufgabe zu lösen hat.

Sehen wir auf die griechisch-lateinische Epoche, so finden wir, daß sie die Aufgabe zu lösen hat, die sich vorzugsweise bezieht auf das, was man zusammenfassen kann mit den Worten Geburt und Tod im Weltenall.“ Diese Ausführungen Rudolf Steiners sind dem Band „Geisteswissenschaftliche Erläuterungen zu Goethes Faust – das Faust Problem“ GA 273, Seite 105 in der Ausgabe von 1956 entnommen. Das für die damalige Zeit diese Aufgabe im Vordergrund stand, können wir schon daran sehen, welche Rolle diese beiden Erscheinungen beim Christus-Impuls spielen, der sich am Ende des ersten Drittels der vierten nachatlantischen Kulturperiode ereignete, denen wir ja in den beiden Festen Weihnachten (Geburt) und Ostern bzw. Karfreitag (Tod) gedenken. Wir sollten auch im Bewußtsein haben, daß Goethe gerade in seinem Faust den Repräsentanten der fünften nachatlantischen Zeit und sein Ringen darstellen wollte. Wie Rudolf Steiner Dantes „Göttliche Komödie“ als das Drama hinstellte, das die vierte nachatlantischen Zeit am besten repräsentierte, so den Faust als das Schauspiel, welches die Probleme des Menschen der fünften nachatlantischen Zeit am deutlichsten darstellt.

Bevor wir uns nun dem zuwenden, was die Aufgabe der fünften nachatlantischen Zeit darstellt, halten Sie doch einen Moment inne und fragen Sie sich, ob Sie sich diese Frage nicht selbst beantworten können anhand dessen, was Sie jeden Tag erleben müssen. Die Antwort ist nämlich ebenso überraschend wie einleuchtend. „Wir, die Menschen der fünften nachatlantischen Zeit – und wir stehen ja im Grunde genommen ziemlich am Anfange; 1413 hat diese fünfte nachatlantische Epoche begonnen, 2160 Jahre dauert eine solche Epoche – haben zu lösen im weitesten Umfange lebenskräftig dasjenige Gebiet, was man nennen kann das Problem des Bösen. Das bitte ich Sie durchdringend ins Auge zu fassen. Das Böse, das in allen möglichen verschiedenen Formen herantreten wird an den Menschen der fünften nachatlantischen Zeit, so herantreten wird, daß er wissenschaftlich wird zu lösen haben die Natur, das Wesen des Bösen, daß er wird zurechtkommen haben in seinem Lieben und Hassen mit alle dem, was aus dem Bösen stammt, daß er wird zu kämpfen, zu ringen haben mit den Widerständen des Bösen gegen die Willensimpulse – das gehört alles zu den Aufgaben der fünften nachatlantischen Zeit.

Ja noch intensiver, als Geburt und Tod dem Leben der vierten nachatlantischen Zeit angehörte, gehört das Problem des Bösen dieser fünften nachatlantischen Zeit an.“ Seite 106. Warum? Die vierte nachatlantische Zeit ist eine Wiederholung der alten Atlantis und damit gehört sie in die Zeit, in der die Götter die Geschicke der Menschen noch regelten. Mit der fünften Zeitepoche beginnt die Zeit, in der der Mensch etwas Eigenes der Weltentwicklung hinzufügen muß. „Daher war das, was in dieser griechisch-lateinischen Zeit erlebt wurde, nicht so intensiv, wie intensiv werden wird das Ringen der fünften nachatlantischen Epoche, die 1413 begonnen, mit all den Mächten des Bösen, mit all dem, was aus dem Bösen herausquillt, und wovon sich eigentlich der Mensch zu befreien hat durch die entgegengesetzten Kräfte, auf deren Entwickelung daher ganz besonders angewiesen ist diese fünfte nachatlantische Epoche.“ Seite 106.

Wir haben also als Menschen nicht nur zu leiden unter dem Bösen, sondern wir müssen es erkennen und wir müssen daran die Kräfte entwickeln die uns davon befreien können. Das Böse ist also ein notwendiges Element der menschlichen Entwicklung der Gegenwart. Wir müssen uns „wissenschaftlich“ mit dem Wesen des Bösen auseinandersetzen, seine Bedeutung, seine Ursachen, seine Entstehung mit unserer Erkenntnis durchdringen. Gerade deswegen konnte das Böse in der Gegenwart so übermächtig werden, weil die Menschen sich der Aufgabe es erkenntnismäßig zu durchdringen nicht gestellt haben. Man flieht es wo man kann, anstatt es als Aufgabe zu bejahen und anzunehmen. Ganz am Anfang, als ich mit dem Heft begann und auch heute noch manchmal, werde ich mit Menschen konfrontiert die mir erzählen, ich würde mich viel zu sehr mit dem Bösen beschäftigen, dadurch würde ich das Wirken der Dämonen auf mich lenken, man müßte sich nicht so sehr mit dem Bösen beschäftigen, sondern Positives denken. Ich könnte Ihnen Autoren anthroposophischer Bücher nennen, die mit dieser Seelenhaltung ihre Bücher schreiben. Im Grunde genommen leidet die gesamte anthroposophische Literatur unter dieser Krankheit. Vor kurzem wurde ich von einer Leserin gefragt, ob ein bestimmtes Buch lesenswert sei und ich mußte ihr antworten: Ein Buch, das in einem anthroposophischen Verlag veröffentlicht wird, muß man nicht lesen, wenn es lesenswert ist, wird es in einem solchen Verlag nicht veröffentlicht. Man wird nur wenige Ausnahmen finden auf die das nicht zutrifft, in der Vergangenheit sah es allerdings noch etwas, aber nicht viel besser aus. Was müssen wir also nach der obigen Aussage von Rudolf Steiner über die „Positivisten“ sagen: Sie sind keine Zeitgenossen, sie leben noch in der vierten nachatlantischen Zeit und das können wir auch von jedem Gutmenschen sagen. Es sind Menschen, die sich nicht der Aufgabe stellen, die der Gegenwartsmensch zu bewältigen hat, es fehlen ihnen die Stärke und der Mut dazu. Je weniger sich ein Mensch der Gegenwart mit dem Bösen auseinandersetzt, je weniger er ihm ins Auge schaut, umso größer ist die Gefahr, daß er ihm verfällt. Ja, es ist geradezu eine Gesetzmäßigkeit der Entwicklung, daß der Mensch sein Bewußtsein über dieses ausdehnen muß, soll er dem Bösen nicht verfallen. „Daraus können Sie ersehen, daß dieses Faust-Drama wirklich hervorgeholt ist aus den tiefsten Interessen des Gegenwarts-Zeitalters.

Es ist eine Eigentümlichkeit des Menschen, daß er mit solchen Dingen, mit denen er zu ringen hat, nur zurechtkommt, wenn er – wir haben das auch in diesen Betrachtungen öfters betont – sein Bewußtsein über sie ausdehnt, wenn sie nicht unbewußt bleiben. Das ist die eine Eigentümlichkeit. Das, was aus den Untergründen der Weltordnung an Möglichkeiten zu bösen Impulsen aufsteigen kann: dem Bewußtsein muß es sich verraten.“ Seite 107.

Wenn wir sehen mit welcher Vehemenz heute die Menschen die Unwahrheit vertreten, mit welcher Brutalität die USA ihre Machtinteressen durchdrücken und dabei auch nicht vor Millionen von Toten zurückschrecken, wenn wir lesen wie US-Abtreibungs-Aktivisten mit Plakaten auftreten auf denen steht „Ungeborene sind Parasiten“, wenn wir linke Aktivisten erleben, die sich öffentlich zum Völkermord an den Deutschen bekennen, wenn wir sehen wie die Medienschaffenden bei ARD und ZDF sich üppige Gehälter und Pensionen verdienen indem sie dem Bösen dienen, so stellt sich uns der Gedanke ein, daß viele Menschen geradezu eine Religion des Bösen haben. Auch wie dieses zustande kommt wird uns in diesem Vortrag von Rudolf Steiner implizit nicht explizit mitgeteilt. „So wenig das Auge sich selber sehen kann, sondern anderes, so wenig sieht Mephistopheles, er, der Impuls des Bösen, dieses Böse selber.“ Seite 114. Obwohl Goethe zu seiner Zeit noch nicht das Wissen von den beiden Widersachern Luzifer und Ahriman haben konnte, steht zumindest im zweiten Teil des Faust Mephisto für Ahriman, das äußert in diesem Vortrag auch Steiner. Was hier von Mephisto gesagt wird gilt auch für jeden Menschen, der sich mit dem Bösen eingelassen hat: Er kann es gar nicht sehen, nimmt nicht wahr, daß das was er tut böse ist. Und wenn ihm das jemand sagt, so schlägt er ihn, wenn er kann, dafür tot. Daher der große Haß auf die Wahrheit.

„Nun sagte ich Ihnen, daß der fünfte nachatlantische Zeitraum, unser Zeitraum, mit der großen, bedeutungsvollen Lebensfrage des Bösen, der Bewältigung des Bösen nach allen Seiten zu tun haben wird. Die Menschen werden kennenlernen müssen, was alles die Seele aufbringen muß, um die Gewalten des Bösen teils zu überwinden, teils in gute Impulse zu verwandeln.“ Seite 119. Vor diesem Hintergrund werden die Worte, die Adelheid Petersen als die von Rudolf Steiner gesprochenen mitteilt, nicht nur bestätigt, sondern in einen umfassenden Zusammenhang hineingestellt. Sie wurden ja schon öfters von mir erwähnt, jedoch nicht in diesem Kontext, der ihnen eine neue, größere Bedeutung gibt. „Ja, wenn das dort, er wies nach Westen (wo man die Geschützeinschläge des Ersten Weltkrieges hören, sehen und als Erschütterung spüren konnte), wenn das dort einmal zu Ende sein wird, dann wird alles so völlig anders werden, als es bisher war, daß Sie mich nicht verstehen würden, wenn ich Ihnen sagen wollte, wie alles wird. Aber Sie werden es erleben! Wenn das vorüber sein wird, was man Krieg nennt – ja, dann wird es so sein, daß alles Konventionelle versagt: daß alle Tünche von den Lebensverhältnissen abfällt! Die Menschheit ist in ein Stadium ihrer Entwickelung eingetreten, wo das Böse und die Lüge sichtbar werden müssen! Es ist alles schon da: das Böse, Grauenhafte, das Verlogene, der Verfall – es ist alles da, aber es ist noch übertüncht! Und es muß offenbar werden! Das wird sich in den Lebensverhältnissen des einzelnen zeigen – in den Ehen, den Familien, den Freundschaften und vor allem in den Feindschaften – wie im Gesamtleben der Völker, der Staaten! Es wird für gewisse Dinge keine Hemmungen mehr geben. Durchstehen, ohne seelisch zugrunde zu gehen, ohne seelisch Schaden zu nehmen, werden alles das, was kommt, nur die Menschen, welche draußen und vor allem im eigenen Inneren das Wesentliche vom Unwesentlichen unterscheiden können! Das ist sehr schwer! Sehr schwer! Das erfordert unablässige mühevolle Übung. Denn hier liegt die furchtbarste Verführung! Die Menschheit wird den Kampf gegen die Lüge zu führen haben – das Urböse!“ Aus „Erinnerungen an Rudolf Steiner“, Verlag Freies Geistesleben, Seite 191. Und mit diesem Kampf auch den gegen die Illusionen.

Eine solche Betrachtung der Bedeutung des Bösen wirft nochmals ein neues Licht auf den Ausspruch, den Goethe seinem Mephisto in den Mund legt: „Ich bin die Kraft die steht‘s das Böse will und steht‘s das Gute schafft“. Im selben Zyklus benennt Rudolf Steiner die Auseinandersetzung des Faust mit dem Mephisto, wir wissen daß Ahriman gemeint ist, als das zentrale Anliegen des Dramas. Faust, so Rudolf Steiner, hat nichts Positives von Mephisto zu erwarten, er ist das Hemmnis das hinweggeschafft werden muß, die Prüfung die bestanden werden muß. So wird die Welt auch nichts Positives von Amerika zu erwarten haben, aber an der Überwindung des Bösen, der Macht, des Egoismus, die von dort ausstrahlen, wird die Welt, die Menschheit wachsen und erwachen können. So wird auch der einzelne Mensch vom Bösen nichts bekommen, aber am Bösen wird er die Kräfte entwickeln, die ihn in die Zukunft und in die Freiheit führen können. „Aber jetzt in unserem fünften Zeitraum werden die Menschen so elementar zu ringen haben mit dem Bösen, wie elementar in der atlantischen Zeit gerungen worden ist mit Geburt und Tod. Da werden namentlich durch die Beherrschung der verschiedenen Naturkräfte die Antriebe und Impulse zum Bösen in einer großartigen Weise, in gigantischer Weise, in die Welt hineinwirken. Und im Widerstand, den die Menschen aus geistigen Untergründen heraus werden bringen müssen, werden die entgegengesetzten Kräfte, die Kräfte des Guten zu wachsen haben. Insbesondere wird es schon während des fünften Zeitraums sein, wo durch die Ausbeutung der elektrischen Kraft, die noch ganz andere Dimensionen annehmen wird, als sie bisher angenommen hat, es den Menschen möglich sein wird, Böses über die Erde zu bringen, wo aber auch direkt aus der Kraft der Elektrizität selber heraus Böses über die Erde kommt.

Diese Dinge sind ja nur notwendig, sich vor das Bewußtsein hinzuhalten. Denn derjenigen, der spirituelle Impuls aufnehmen will, findet die Angriffspunkte des Widerstandes, findet die Ausgangspunkte für jene Impulse, die sich gerade am Widerstand des Bösen entwickeln sollen.“ Seite 121. Wenn Rudolf Steiner damals von ganz anderen Dimensionen der Elektrizität spricht, mit der das Böse verbreitet werden kann, so sei an den Computer, Mobilfunk und an HAARP erinnert, alle drei arbeiten zwar mit dem Magnetismus, dieser jedoch wird von der Elektrizität erzeugt. Und wir müssen uns an die Bedeutung der elektronischen Medien erinnern, über die die Gedanken der Menschen beherrscht und Entscheidungen wie Wahlen manipuliert werden. „Es klingt paradox, wenn man sagt: es ist gut für die Menschen, daß sie das alles kennenlernen können, denn nur dadurch, daß der Mensch am Widerstande wachsen muß, kann er wirklich zur Freiheit kommen. … Und die Menschen werden sich an eines gewöhnen müssen: das Hereinbrechen der Kräfte des Bösen wie das Hereinbrechen von Naturgesetzen, von Naturkräften aufzufassen, um sie kennenzulernen und zu wissen, was auf dem Untergrund der Dinge waltet und webt. Nicht das Böse betrachten von vornherein so, daß man nur in vollem Egoismus sich fluchtartig davon wegbringen will; das kann man nicht. Man muß es mit dem Bewußtsein durchdringen; aber man muß es auf der anderen Seite wirklich kennenlernen, richtig kennenlernen.“ Seite 131. Wer das Böse flieht, dem fehlen die Kräfte, die er für seine weitere Entwicklung nötig hat.

Und nun werde ich Sie vielleicht langweilen, indem ich wiederum Rudolf Steiner das sagen lassen, was eigentlich längst nicht mehr notwendig sein sollte gesagt zu werden: „Alles kommt darauf an, daß dieser fünfte nachatlantische Zeitraum notwendig hat ein Entfachen der spirituellen Kräfte im Menschenbewußtsein.“ Seite 134. Betrachten wir die Rolle der Geisteswissenschaft bei der Auseinandersetzung des Menschen mit dem Bösen, so erfahren wir manches, was uns über die menschliche Entwicklung und das Geschehen in der Gegenwart wichtige, unentbehrliche Aufschlüsse ergeben kann.

Beachten wir geisteswissenschaftlich den gesamten Entwicklungsverlauf in den verschiedenen planetarischen Verkörperungen der Erde, so haben wir die Vergangenheit in Saturn, Sonne und Mond, die Gegenwart der Erde und die Zukunft in Jupiter, Venus, Vulkan. Teilen wir das Ganze in zwei Teile, so müssen wir die bisher verlaufene Erdenzeit zur Vergangenheit dazurechnen, die zweite Hälfte der Erdenentwicklung, die jedoch bereits begonnen hat, zu der Zukunft. Die göttlichen Hierarchien haben die Vergangenheit so gestaltet, daß das Gute und die Weisheit in sie hineingeimpft wurden. In der Zukunft, die, wie schon erwähnt, bereits begonnen hat, wirkt das Böse von außen auf den Menschen und um diesem gegenüber bestehen zu können, braucht der Mensch die Erkenntnis der Vergangenheit, die ja bereits vergangen ist und deshalb nur noch als Geistiges zu erkennen ist. „Aus dem Kosmos, aus der kosmischen Entwicklung ist das Gute nur zu erkennen aus der Vergangenheit, aus der Saturn-, Sonnen- und Mondenzeit und aus der halben Erdenzeit. Weisheit und das Gute hängen mit dem Rückblick in die Vergangenheit zusammen. Weisheit und das Gute impfen jene Mitglieder der höheren Hierarchien, die zu den Menschen gehören, in der Zeit der menschlichen Natur ein, in welcher diese menschliche Natur noch nicht so wie auf der Erde zum vollen Bewußtsein erwacht ist. Für die folgende Zeit, für die Jupiter-, Venus-, Vulkanzeit und auch für die jetzige Erdenzeit schon – es beginnt schon –, für die halbe Erdenzeit noch muß der Mensch bewahren das Gute, wenn er zum Guten gelangen will, muß die Impulse dieses Guten aus seiner Natur heraus entwickeln; denn es offenbaren sich aus dem Umkreise, aus dem, was neu herantritt, die Kräfte des Bösen. Ohne daß sich diese Kräfte des Bösen offenbaren würden, würde der Mensch nicht zum freien Willen kommen.“ Seite 178. Der Mensch muß also durch seine Gedanken das auffinden, aus dem heraus die Götter die Welt geschaffen haben und diese Gedanken seinem Schaffen der Welt der Zukunft zugrunde legen. Von außen wird der Mensch nichts mehr zu erwarten haben was ihn weiterbringt, nur das was in herunterbringt, was ihn hinaufbringt in seiner Entwicklung muß er von innen schaffen und dem Äußeren entgegenstellen. „Aus den äußeren Bedingungen ergibt sich nur die Möglichkeit, das Böse aufzunehmen. Diesem dem Bösen Ausgesetztsein verdankt es der Mensch, daß er zum freien Willen kommen kann, daß er wählen kann zwischen dem Bösen, das an ihn herantritt, und dem Guten, das er aus seiner Natur heraus entwickeln kann, wenn er sich vertrauensvoll hingibt an dasjenige, was durch seine Vorzeit in seine Natur gelegt worden ist.“ Seite 179.

Wie weit sind wir heute noch als Menschheit davon entfernt, wie wenig Menschen wenden sich diesem Weg zu. „Denn gerade darinnen muß des Menschen Stärke bestehen, daß er dem Bösen gewachsen ist, daß er gegenüber dem Bösen sich aufrecht erhalten kann. Er muß das Böse kennenlernen können.

Es ist natürlich die wahre Folge dieser Tatsache diese, daß die Notwendigkeit besteht für die gegenwärtige Menschheit, Licht zu verbreiten über die Vergangenheit, was nur durch Geisteswissenschaft geschehen kann, damit der Mensch gewachsen ist dem notwendigen Entgegenkommen des Bösen.“ Seite 179. Nur, ist es nur der Menschen Angst und ihre Bequemlichkeit, die sie von der Erkenntnis des Geistigen abhält? Wird nicht vielmehr mit dieser Angst und dieser Bequemlichkeit von denen gearbeitet, die laut Rudolf Steiner den Materialismus nur benutzen, um ihre Machtziele zu verwirklichen? „Welches Unheil angerichtet würde, wenn geisteswissenschaftliche Wahrheiten der Welt vorenthalten würden, das können sie daraus ersehen; denn dem Bösen wird der Mensch schon ausgesetzt. Geschützt wird er vor dem Bösen nur dadurch, daß er sich in das spirituelle Leben des Guten vertieft. Enthält man ihm das spirituelle Leben des Guten vor, dann wirkt man nicht als Menschenfreund, ganz gleichgültig ob man Mitglied irgendeines Freimaurerordens ist, oder ob man Jesuit ist, man wirkt nicht menschenfreundlich. Dann liefert man die Menschen durch die Vorenthaltung der spirituellen Weistümer dem Bösen aus. Und man kann dabei einen gewissen Zweck haben. Man kann den Zweck haben, im engen Kreise selber nur das Gute zu wissen, um mit Hilfe dieses Guten die hilflose Menschheit, die durch das Böse sich in die Lebensabsurdität hineinführt, zu beherrschen.“ Seite 180. Das damit das Gute, was man im engen Kreise weiß, sich durch den Mißbrauch in ein Böses verwandelt, ist ohne Zweifel. Ebenso sollten wir nicht erwarten, daß uns das Gute von außen gereicht wird, von dort kommt eben nur das Böse. Das müssen wir uns schon selbst erringen, indem wir uns vom Äußeren und seinen Zwängen befreien.

Wieviel Kraft, Sicherheit und Zuversicht muß uns durch eine solche Erkenntnis, der Erkenntnis unserer Aufgabe in der fünften nachatlantischen Zeitepoche zufließen. Wir erwerben uns durch diese Erkenntnis die Orientierung und das Ziel, welches wir unserem Leben in der Gegenwart geben müssen. Wieviel lähmende Zweifel können dadurch von uns fallen, wieviel Klarheit für unser Tun und unser Streben empfangen wir dadurch. Stellen Sie sich vor, Sie haben sich im Nebel verirrt und tappen in der Orientierungslosigkeit durch unbekanntes Gelände, durch Moor mit all seinen gefährlichen Stellen. Plötzlich lichtet sich der Nebel, Sie erkennen wo Sie sind und wohin Sie gehen müssen: welche Erleichterung, welche Sicherheit überkommt Sie dann. Etwas Ähnliches können wir empfinden, wenn wir erkennen wie wir uns dem Bösen gegenüber zu verhalten haben, worin unsere konkreten Aufgaben bestehen.

Je furchtloser wir dem Bösen entgegentreten, je mehr wir es erkennen und benennen, umso mehr verliert es seine Macht über uns.

Je weniger wir uns der Aufgabe stellen, das Böse mit all den uns zur Verfügung stehenden Erkenntniskräften zu durchdringen, um so mächtiger wird das Böse werden – bis wir uns auf unseren Auftrag besinnen.

Rüdiger Keuler, Juni 2019