Quellenvergifter – Die Popularisierung der Anthroposophie
Von mehreren meiner Leser wurde ich direkt oder indirekt aufgefordert, mich mit dem Problem der Popularisierung der Anthroposophie, das derzeit besonders stark wieder sein Unwesen treibt, zu beschäftigen. Dieses Problem hat es schon immer gegeben seit es die Anthroposophie gibt, aber mit der Verbreitung der neuen digitalen Medien hat es eine neue Dimension gewonnen.
In der gegenwärtigen Zeit suchen die Menschen verzweifelt nach einem Halt, nach Sicherheit, nach Veränderung zum Guten, nach dem Behüter. Das ist berechtigt. Und dabei wenden sich nun viele in ihrem Suchen dem Geistigen zu. Buddhismus, New Age, Yoga, Schamanismus, der alte christliche Glaube und anderes haben heute Hochkonjunktur. So haben auch Menschen die Anthroposophie entdeckt. Was die allermeisten dieser Menschen jedoch nicht bedenken ist, daß diese die Veränderung des gewöhnlichen Bewußtseins durch gedankliches Arbeiten voraussetzt. Jeder Mensch steht erst einmal vor den Inhalten der Anthroposophie wie der Ochs vorm Berg. Sie beansprucht, daß wir unsere Begriffe, unser Denken beweglich machen und Verlebendigen. Mit dem alten abstrakten Denken wird man den geistigen „Raum“ nicht betreten können. Stellen sie sich vor sie stehen vor einer Tür. Auf dieser ist das Bild der anthroposophischen Weltanschauung aufgemalt. Es ist ein anfangs sehr verwirrendes Bild von großem Ausmaß und enormer Mannigfaltigkeit. Wer dieses Bild nicht fortgesetzt und genauer betrachtet, wird sich wegen der Vielfalt, des Umfanges, der Ungewöhnlichkeit, die den bisherigen Denkgewohnheiten widerspricht und der scheinbaren Gegensätzlichkeit zum naturwissenschaftlich-abstrakten Denken, schnell wieder abwenden. Wer sich jedoch länger damit beschäftigt, wer es schafft gedankliche Bezüge zwischen den verschiedenen Aussagen und Darstellungen der geistigen Inhalte herzustellen, dem wird eine neue Welt erschlossen. Ich kenne viele Menschen die etwas gegen die Anthroposophie haben, ich kenne jedoch niemanden der sie inhaltlich wirklich kennt und sie trotzdem ablehnt. Die meisten Menschen weisen sie ab, nicht wegen ihrer Inhalte, sondern wegen der Vorstellungen die sie sich über diese, nach einem oberflächlichen Eindruck, gebildet haben. Sie basteln sich etwas Eigenes zurecht, was sie dann ablehnen können.
Die allermeisten Menschen übersehen jedoch, daß die Tür auf die dieses Gemälde aufgemalt ist eine Klinke hat. Dann erst, wenn ich dieses entdecke und meinen Willen betätige, um die Tür zu öffnen und den Raum zu betreten, mache ich mir die Anthroposophie in ihrer Wirklichkeit und ihrer Wirksamkeit zu eigen. Bleibe ich vor der Tür stehen und genieße das Gemälde auf der Tür mit meinem abstrakten Denken, so werde ich bestenfalls ein „Anthroposoph“. Die Früchte dieser Anthroposophie jedoch finden sich erst hinter der Tür. Und diesen Raum erschließe ich mir erst, indem ich meinen Willen in das Denken überführe und dieses dadurch verlebendige. Dadurch verändere ich mich selbst. Ich schaffe mir die innere „Lampe“, um mit deren Licht die Welt, das Leben, die Geschehnisse in einem neuen Licht betrachten zu können.
„Natur, dein mütterliches Sein,
Ich trage es in meinem Willenswesen;
Und meines Willens Feuermacht,
Sie stählet meines Geistes Triebe,
Daß sie gebären Selbstgefühl,
Zu tragen mich in mir.
26. Wochenspruch, Michaeli-Stimmung
Das Geistige des Willens muß in das tote abstrakte Denken übergeführt werden und so dieses zu neuem Leben erwecken. Dadurch vollzieht sich die Geburt des eigentlichen höheren Selbst, des Ich im eigentlichen Sinne, dadurch wird der Menschen von einem Geschöpf zum Schöpfer seiner selbst und zu einem Gestalter der Welt. Niemand kann annehmen, daß dieser Prozeß ein einfacher ist und innerhalb einer gewissen Zeit abgeschlossen werden kann, es ist ein immerwährendes Werden.
Und genau davor schrecken die Menschen zurück. Sie handeln nach dem Motto „wasch mich aber mach mich nicht naß“. Sie möchten eine neue Welt, eine angenehmere, weniger bedrohliche Welt, aber sie wollen dabei die Alten bleiben oder zumindest sich nicht dafür anstrengen müssen. Wie mein Nachbar mir einmal sagte: „Wenn das, was der Steiner zu sagen hat, so wichtig ist, dann muß man mir das doch so sagen können, daß ich das verstehe.“ Nicht ich muß mich um die Wahrheit, um die Erkenntnis bemühen, nein, sondern diese muß sich mir anpassen. Das ist ein seelisches Todesurteil, welches er sich damit selbst ausgestellt hat. Die weitere Entwicklung des Menschen und der Menschheit muß Eigeninitiative des Menschen sein und immer mehr werden.
Diesem Bedürfnis der Menschen, auf bequeme Art die Früchte des Geistigen ernten zu können, kommt Axel Burkart in seinem youtube Kanal mit zahlreichen Vorträgen entgegen. In diesen enthebt er die Menschen des anspruchsvollen Denkens und popularisiert die Anthroposophie. Die nötige Begrifflichkeit, um ein solches Phänomen verstehen und einordnen zu können, finden wir bei Rudolf Steiner selbst. „Alles von Übereifrigen oder Verirrten angestrebte Popularisieren des übersinnlichen Wissens sollte vermieden werden. Die ernsten Sucher verlangen solches Popularisieren nicht; es tritt auf als banaler Trieb der Bildungsbequemlinge.“ Rudolf Steiner in dem Aufsatz „Frühere Geheimhaltung und jetzige Veröffentlichung übersinnlicher Erkenntnis“, abgedruckt in GA 35, Seite 407 in der Ausgabe von 1984.
Die Ursachen für ein solches Popularisieren finden sich nicht in der Anthroposophie und auch nicht in der Notwendigkeit aus dieser heraus für die Menschheit zu wirken, sondern in der Eitelkeit des Populisten und in seinem Ehrgeiz. Verändern wird sich an der Welt nur etwas, wenn die Menschen sich auf den Weg machen, das Geistige zur Wirksamkeit zu bringen und das kann niemals ein bequemer Weg sein.
Es ist entscheidend durch welches Tor die Menschen die Anthroposophie kennenlernen und die Menschen welche sie auf dem bequemen Weg kennenlernen, sind für diesen Weg verloren. In meinen eigenen Erfahrungen mit den Anhängern von Herrn Burkart finde ich das bestätigt, was Rudolf Steiner über die Bildungsbequemlinge sagte, es sind die Menschen die einen bequemen Zugang zur Geisteswissenschaft suchen und den gibt es nicht. Wer diesen Weg beschreitet, beschreitet ihn aus seinem Egoismus, verfängt sich damit schnell in den luziferischen Illusionen. „Wenn man mit zu starkem Selbstsinn, mit zu starkem Selbstgefühl zur Anthroposophie kommt, werden dem Betreffenden sehr schnell die Schleier luziferischer Illusionen um den Kopf gehangen. Man wird ja für die luziferischen und ahrimanischen Mächte erst interessant, wenn man sich zur Anthroposophie wendet. Anthroposophie ist eine gefährliche Sache! Eine sehr gefährliche Sache! Denn sie wirkt unmittelbar im Menschen, schon dann, wenn sie nur mit dem Kopf aufgenommen wird! Dann aber kommen die Illusionen – wenn nicht das Selbstgefühl selbstlos gemacht wird! Dann kommt die Unwahrhaftigkeit, die Eitelkeit, dann kommt zum Luziferischen die ahrimanischen Verstrickungen. Denken Sie darüber nach! Wach sein! Wach sein!“ Rudolf Steiner nach Adelheid Petersen in Erinnerungen an Rudolf Steiner, Verlag Freies Geistesleben, Seite 190. Ja, Anthroposophie ist eine gefährliche Sache und eine überaus ernsthafte Sache, viel zu ernsthaft, um damit zur eigenen Selbstbeweihräucherung und zu Beruhigung niedliche youtube Filmchen zu machen.Keine Anthroposophie ist jedoch noch viel gefährlicher! Das ist wie beim Straßenverkehr: Jeder ist heute darauf angewiesen und muß ihn benutzen, wer sich jedoch nicht an die Regel hält lebt gefährlich. Anthroposophie ist auch keine Summe von Wissen, sondern ein Erwachen, ein Erwachen für die Wirklichkeit.
Rudolf Steiner selbst hat in seinen Vorträgen immer an das Denken der Menschen appelliert, manchmal hat er geradezu die Menschen, die nach der bequemen Art des „Wissens“ suchten, verjagt. Zum Beispiel 1922, als Tausende zu seinen Vorträgen, die er am Rande seines Hochschulkurses, den er im März in Berlin hielt, strömten. Lesen Sie die Abendvorträge, die er vom 5.-12 März in der Philharmonie in Berlin hielt und fragen Sie sich, wie viele von denen je wieder zu einem Vortrag gekommen sind oder ein Buch von Steiner lasen. Nach Herbert Hahn sagte Rudolf Steiner nach einem Vortrag, den er für ein Publikum von über tausend Menschen in Stuttgart gehalten hatte, und der mit großer Begeisterung aufgenommen war: „Was meinen Sie wohl wie viele von diesem tausend Zuhörern einen solchen Vortrag wirklich aufnehmen?“ Nach mehreren Rateversuchen der Anwesenden sagte er zur Verblüffung der Anwesenden: „Mit einem oder zweien! Aber sehen Sie, auf diesen einen oder diese zwei kommt es mir auch an. Es mir die Mühe wert, für sie zu sprechen.“ Zitat aus „Öffentliche Abendvorträge des Anthroposophischen Hochschulkurses erschienen im Lochmann-Verlag, Seite 9. Bei der Anthroposophie geht es nicht um die Quantität, um die Masse, sondern um die Qualität. Eine Vermassung der geistigen Inhalte wird sich als Hemmnis in ihrer Wirksamkeit und der Entwicklung der Menschheit herausstellen.
Einer meiner Leser sagte einmal zu mir: „Wenn unten an der Nahrungskette ein Mensch verhungert, so haben wir oben bei den „Anthroposophen“ die Ursache zu suchen und er bezog sich durchaus dabei ein, so wie wir uns alle dabei miteinbeziehen müssen. Das ist etwas radikal ausgedrückt, aber nicht unrichtig. Aus der Anthroposophie hätte und muß tatsächlich ein Strom entstehen, aber nicht durch Popularisierung, aus dem die Befruchtung der Entwicklung der Menschheit stattfinden muß. Ein Strom bildet sich aus Flüssen, aus Bächen, die letztlich auf eine Quelle zurückführen. Ist diese Quelle verstopft oder vergiftet, so kann der Strom in seiner Wirksamkeit nicht entstehen. Die Zustände der Gegenwart wirken in ihrer Einseitigkeit so katastrophal und die Auflösung dieser Einseitigkeit hätte aus der Anthroposophie und da diese das Medium der Menschen braucht, um im Irdischen wirken zu können, aus den Anthroposophen entstehen müssen. Was bis heute nicht geschehen ist.
So haben wir in Herrn Burkart einen Quellenvergifter vor uns, einen von denen, die Ahriman, nicht dem Christus dienen, auch wenn er da selbst ganz anderer Meinung ist. Für die Entwicklung der Menschheit sind solche Popularisierer gefährlicher als das Wirken einer Frau Merkel, denn diese ist ein Teil der Krankheit, die die Menschheit befallen hat, Burkart einer, der das Heilmittel verdirbt, welches uns Menschen aus der Krankheit führen muß.
Im 12. Vortrag von „Der Tod als Lebenswandlung“ GA 182, der Vortrag trägt den Titel „Wie finde ich den Christus“, spricht Rudolf Steiner darüber, wie zwei Menschen, in diesem Fall Hermann Grimm, gegenübergestellt Woodrow Wilson, dasselbe sagen können, die Worte und Begriffe jedoch eine ganz andere Bedeutung haben können. Es geht eben nicht um die Worte, sondern um den Weg, wie man zu ihnen gekommen ist, das was durch sie wirkt. Hermann Grimm hatte um jeden Satz gerungen, Woodrow Wilson wurden die Worte von einem Dämon eingeflüstert. Derjenige der die Worte eingeflüstert bekommt, ohne sein eigenes Denken dafür anstrengt zu haben, hat die „Gabe“, auch ohne an das Denken der Menschen appellieren zu müssen, es auf dem Wege der Dämonisierung weitergeben zu können. Der, der sein Ich aufgerufen hat, um zu seiner Erkenntnis zu gelangen, muß an das Denken, das ichdurchdrungene Denken appellieren und nur das wirkt im Sinne der Menschheitsentwicklung, im Sinne des Christus. „Verkaufen“ läßt sich jedoch das am besten, welches auf dem Weg der Einflüsterung weitergegeben wird. Je leichter sich heute eine „Anhängerschaft“ findet, umso vorsichtiger sollten wir sein. Dafür, daß viele Menschen sich für die Anthroposophie in ihrer Wirksamkeit, nicht in ihrer Phrasenhaftigkeit interessieren, ist die Zeit leider noch nicht reif, dafür muß die Menschheit auf den Amboß der Zeitereignisse gelegt werden, glühend gemacht im Feuer der Verzweiflung, um mit dem Hammer der Katastrophen bearbeitet zu werden, damit das weggesprengt wird, was sich als Schale um den Menschen gebildet hat, was ihn daran hindert durchlässig für Geistiges zu sein. Ich habe eine Freundin, reich, attraktiv, schick, wie aus dem Ei gepellt steht sie vor einem, immer geschminkt und gestylt, wie aus einem Modemagazin entstiegen oder vom Laufsteg gesprungen. Diese Frau pflegte ihren Mann treu bis zu seinem Tode, der ein überaus schrecklicher war, sie lief nicht davon, entledigte sich nicht dieser Aufgabe, obwohl das bei ihrem Vermögen ein leichtes gewesen wäre. Zum Schluß riß er Waschbecken und Kloschüssel aus der Verankerung, weil er sich so schwer von seinem Leib lösen konnte und diese Frau „sah“ dann hellsichtig, wie sich seine Seele vom Leibe löste und in die geistige Welt einging. Der Schrecken der Erlebnisse, der Schock machte sie hellsichtig. Niemand würde das nach dem äußeren Eindruck bei ihr vermuten. Für mich ist das immer ein Bild, welche Schrecken die Menschheit durchstehen muß, um zum Geiste finden zu können.
Es sollte auch daran gedacht werden, wie vor dem Fernseher der Bewußtseinszustand des Menschen herabgedämpft wird. Das hat sogar die Wissenschaft bewiesen. Es werden vor dem Fernseher soviel Kalorien verbraucht wie im Schlaf, aus diesem Grund. Das ist eine der Ursachen für die vielverbreitete Übergewichtigkeit. Das was ich hier ausführte gilt auch für den Computer. Es werden also am Bewußtsein vorbei anthroposophische Begriffe dem Menschen eingeflüstert. Das ist auch der Grund, warum ich niemanden empfehlen würde anthroposophische Bücher als E-Book zu lesen.
Nun kann man sich ja darüber aufregen, daß ich wieder einmal einen anderen Menschen in seinem edlen Streben und eifrigen Bemühen schlecht gemacht habe. Herr Burkart ist bestimmt auch ein liebevoller Mensch und bestrebt sich, andere Menschen mit der Anthroposophie in Kontakt zu bringen. Solche sentimentalen Urteile bringen uns nicht weiter. Nicht was ein Mensch sagt kann für uns im Vordergrund stehen, sondern aus welchem Geist heraus er spricht, nicht nur das was er sagt, sondern das was durch ihn wirkt ist das Wichtige und es ist durchaus eine sehr wichtige Erkenntnisaufgabe des Gegenwartsmenschen, sich darüber, jenseits des Konventionellen, ein Urteil zu bilden. Ich denke das bin ich meinen Lesern, der Anthroposophie, aber auch Herrn Burkart schuldig. Auch Anthroposophie kann als dämonische Einflüsterung wirken, wenn sie nicht durch das eigene Bemühen, die Ich-Kraft erkämpft und gereinigt wird.
Rüdiger Keuler, April 2019