Verwöhnung

Es gibt heute in der Pädagogik ein großes Problem, welches sich längst pandemisch in den Menschen festgefressen hat. Es ist die Verwöhnung. Seit dem Zweiten Weltkrieg nimmt diese von Generation zu Generation zu. Diese resultiert aus dem Materialismus, sie ist eine Verfallserscheinung der menschlichen Wesenheit, die dieser zwangsläufig mit sich bringt. Solange der Mensch nur eine Erkenntnis seines physischen Leibes hat, nur Gedanken entwickelt, die sich auf seine physische Wesenheit beziehen, wird sein geistig-seelischer Wesenskern immer schwächer.

Die Verwöhnung findet dann statt, wenn der Erwachsene in der unrichtigen Art auf das Kind eingeht. Kind wie hättest du es denn gerne, wie müssen wir es dir recht machen? Was muß ich als der Vertreter der Welt tun, damit du zufrieden bist? Es wird an das Urteil des Kindes appelliert. Damit gibt der Erwachsene seine Kompetenz, ich bin es der aus seiner Lebenserfahrung heraus dich ins Leben hineinführen kann, an das Kind ab. Er gibt ihm quasi zu verstehen, ich kann auch nicht mehr als du, ich bin dir keine sichere Orientierung. Das Kind muß an den Grenzen, Regeln und Anforderungen, die der Erziehende stellt, erleben, das war so, das ist auch heute so und das wird auch morgen so sein. Dadurch entsteht die Lebenssicherheit des Kindes. Geht das nicht vom Erwachsenen aus, so muß das Kind die Regeln selbst aufstellen, dann bildet sich daraus zuerst der Prinz oder die Prinzessin und dann der Tyrann. Statt das der Erziehende an das Urteil des Kindes appelliert und sagt: Hast du Lust zur Oma zu gehen?, müßte der Erwachsene sagen. Heute gehen wir zur Oma. (1)

Ein Aspekt des Verwöhnens ist das Bespaßen. Das Kind langweilt sich und der Erwachsene mutiert zum Entertainer. Das Kind erlebt, die Welt bemüht sich damit ich zufrieden sein kann, es erlebt die Welt als auf sich zentriert. Das wird im Laufe der Zeit verinnerlicht, es wird zur Seelenhaltung des Kindes für ein ganzes Leben. Es nimmt passiv in Empfang, was ihm von der Umwelt gereicht wird und seine Erwartungen werden immer größer. Dadurch wird der geistig-seelische Wesenskern des Kindes immer kleiner, er verkümmert. Die Frustrationsschwelle des Kindes wird damit immer geringer. Die Anlässe die zum Toben führen werden immer geringfügiger. Stellen Sie sich um das deutlicher zu machen ein roten Punkt vor und darum herum einen blauen Kreis. Der rote Punkt sei das Kind, der blaue Umkreis die Umgebung aus der heraus das Kind erzogen wird. Nun stellen Sie sich noch meinetwegen grüne Pfeile vor, die die Zuwendung darstellen sollen, es dem Kinde immer recht zu machen. Der rote Punkt, das Kind, wird bei der Verwöhnung immer kleiner, er schrumpft, die Widerstände, an denen das Kind innerlich wachsen soll sind nicht vorhanden bzw. werden vom Erwachsenen dem Kind abgenommen.

Seine Ursache hat diese Erziehungshaltung der Erwachsenen in der eigenen geistig-seelischen Schwäche, die Folge des Materialismus ist. Denn wenn ich es dem Kind nicht recht mache, bin ich erst einmal der Buhmann und muß unter Umständen die schlechte Laune des Kindes, seine Ausbrüche aushalten. Es hat auch etwas mit den Schuldgefühlen zu tun, welche der Erwachsene dem Kinde gegenüber hat. Wenn ich mein Kind bis um halb vier in der Kita lasse, weil ich arbeiten muß oder weil mir sonst zuhause mit meinem einen Kind die Decke auf den Kopf fällt, habe ich meinem Kinde gegenüber ein schlechtes Gewissen, bewußt oder unbewußt. Also muß ich dem Kind „Gutes“ tun, um das auszugleichen. Daß dieses Gute meistens kein Gutes ist, soweit denken heute nur noch wenige Erwachsene, das Bewußtsein schwindet. Ein gut erzogenes Kind ist heute so selten wie eine sechs im Lotto. Wo früher von dem Kind erwartet wurde sich zu benehmen, wird heute von der Umwelt erwartet die Ungezogenheiten zu tolerieren, ja sie als Anzeichen von Begabungen zu betrachten. Auf die hier geschilderte Art entstehen dann die sogenannten Indigo- oder Sternenkinder und der versagende Erwachsene kann sich noch etwas darauf einbilden, daß ein solches hochbegabtes Kind zu ihm gekommen ist. Dabei wird Begabung mit der einseitigen Ausbildung des Intellektes verwechselt. Der Irrtum „Indigo-„ oder Sternenkinder ist für den Heilpädagogen ein erfolgreiches und bequemes Verkaufsmodell, warum können Sie meinen obigen Ausführungen entnehmen.

In Bonn wurde vor einigen Jahren ein Busfahrer von einem Jugendlichen während der Fahrt zusammengeschlagen, weil er nicht dort anhielt, wo der Heranwachsende aussteigen wollte, dort war aber keine Bushaltestelle, die befand sich ein paar hundert Meter weiter. In Paris geschah eine solche Gewalttätigkeit, weil sich eine Busfahrerin weigerte, zwei 16 Jahre alte Mädchen dort hinzufahren, wo sie hin wollten. Der Ort an den die Mädchen gebracht werden wollten lag gar nicht an der Linie, die die Busfahrerin befahren mußte. Das sind extreme Fälle, die zeigen wie sich ein Mensch verhält, dessen Frustrationsgrenze durch falsche Erziehung zu niedrig ist.

Außer daß das Kind eine niedere Frustrationsgrenze bekommt, findet auch noch etwas anderes statt. Das Kind lernt nicht, wie es seine eigenen Handlungen in die Welt auf die richtige Art einfügen kann, wie es sich selbst in die Welt integrieren kann. Es nimmt zwar sich und seine Bedürfnisse und Intensionen wahr, aber viel zuwenig die Welt in der es lebt und handelt. Vor kurzem erzählte mir eine Frau, daß in der Altenpflege immer weniger Personal gefunden wird, welches zuverlässig genug ist. Sie schilderte, daß viele junge Menschen, wenn sie frei haben wollen und das nicht bekommen können, sich einfach krank melden. Das ist nicht nur ein Problem in der Altenpflege, sondern aller Teile des Berufslebens, der immer größer werdende Egoismus und die Willensschwäche der jungen Menschen. Das schwächt im Ganzen die Leistungsfähigkeit eines Volkes und macht den Menschen letztendlich zur gescheiterten Existenz.

Ich kenne einen Mann der über siebzig Jahre alt ist. Ich kenne ihn schon lange, seit über 15 Jahren und ich kenne ihn gut. Er wurde nach dem Krieg von seiner Mutter und seiner Großmutter ohne Vater, der im Krieg gefallen ist, gemeinsam verzogen. Als er im späteren Leben in der Schule als Hausmeister arbeitete, hatte er immer Ärger mit dem Schulleiter, weil er oft anderer Meinung war über die Arbeiten, die er verrichten sollte und diese dann so ausführte, wie sie seiner Meinung nach richtig waren. Später im Ruhestand arbeitete er für die Besitzerin eines Autohauses im Garten und am Haus. Die Frau trennte sich von ihm, weil er die Arbeiten so ausführte wie er das für sinnvoll hielt und nicht die Auftraggeberin. Seine eigene Frau hat einen Kindergarten, zu diesem führt eine breite geteerte Einfahrt auf der man bequem gehen kann. Direkt neben der Einfahrt legte er einen Zugang mit geschottertem Weg an, den bis heute keiner benutzt, da die Einfahrt viel bequemer ist. Er hatte eine Woche an dem Weg und dem Durchbruch durch die Mauer gearbeitet. Vor ein paar Jahren schnitt er während der Blüte eine Japanische Zierkirsche. Als er gefragt wurde, warum er das tue, sagte er, damit sie nächstes Jahr mehr blüht. Da die Zierkirsche danach sofort einging, blühte sie nie wieder. Vor dem Fenster seines Zimmers hob er eine Grube aus, um dort die Mülleimer hinzustellen. Als ihn die Nachbarn darauf aufmerksam machten, daß im Sommer der Platz voll der Sonne ausgesetzt sei, er also jedesmal beim Öffnen der Fenster den Gestank des Mülls im Zimmer hätte, pflanzte er eine Feige in das Loch. Da er sich immer mit sich und seinen Intentionen beschäftigen mußte und nie wahrnahm, wie sich diese in den menschlichen Zusammenhang der Umgebung einfügten, war er alles andere als ein guter Vater seines einzigen Kindes und auch seiner Frau nicht das, was man unter einem Ehemann versteht, Freunde hat er nicht. Seine soziale Beziehungsfähigkeit blieb sein ganzes Leben lang gering, er isolierte sich durch sein Tun. In der Unterhaltung textet er andere Menschen zu, ohne wahrzunehmen ob sich diese für seine Erzählungen interessieren. Und auch die Komponente der Drogensucht ist vorhanden, er leidet unter Alkoholismus. Ich schildere diesen Menschen und sein tragisches Leben, in dem er wie gefangen, mit sich selbst isoliert ist, deswegen so ausführlich, weil es ein Beispiel ist für eine Biographie, die ein Leben lang durch die Verwöhnung in der Kindheit belastet wurde und ich dabei die Zusammenhänge gut kenne, da ich sein Kind als Heilpädagoge behandelte. Die Verwöhnung des Kindes äußert sich selbstverständlich etwas unterschiedlich, je nach der leiblich-seelischen Konstitution des Menschen. Da, wo mehr der Ätherleib im Vordergrund steht, wie in dem oben Beschriebenen des älteren Mannes, auf mehr gutmütige Art, dort wo der Astralleib im Vordergrund steht eher aggressiv.

Wenn ein solcher Mensch aus dem Elternhaus ins Leben hinaustritt, so wird er den Anforderungen des Berufslebens nicht gerecht. Er ist unzuverlässig. Wird er darauf hingewiesen, so entschuldigt er sich vielleicht, um es beim nächsten Mal genauso zu machen, wenn er nach der dritten Abmahnung die Lehrstelle verliert, liegt das natürlich an dem blöden Meister, denn bisher funktionierte das doch so, mit einer Entschuldigung war alles vergeben und vergessen. Er wird es dann im späteren Leben nicht mehr lernen können. Seine Einsichtsmöglichkeiten bleiben gering, noch geringer die Möglichkeit das zu ändern. Das Verständnis für andere Menschen wurde ihm schon in der Kindheit genommen, er ist eingesperrt in einem Leben, in dem er immer mit sich selbst beschäftigt sein muß. In England sind die Universitäten dazu übergegangen, daß die Bewerber auch ihre Eltern zum Vorstellungsgespräch mitbringen dürfen, da diese allein immer weniger in der Lage sind, ein solches Gespräch zu führen und diesem Infantilismus nun Rechnung getragen wird.

Verwöhnung hat seine Ursache immer im Egoismus und der Schwäche der Eltern, der Erzieher, denn dadurch schafft man eine positive Stimmung zum Kind, was den Erwachsenen zugute kommt, ihre Stellung in der Erziehung momentan erleichtert, aber die Entwicklung des Kindes bleibt aus. Auf die Dauer verliert das Kind jedoch die Achtung vor den Erwachsenen. Ich habe in meiner Arbeit als Heilpädagoge schon Zehnjährige erlebt, die ihre Mutter angespuckt haben, wenn es nicht nach ihrer Nase ging, Vierzehnjährige, die den Lebensgefährten der Mutter aus dem Haus prügelten, weil sie sich von dem nichts sagen lassen wollten, alles Produkte einer früheren Verwöhnung. Man spricht heute viel von Kindesmißhandlung, daß die Mißhandlungen von Eltern durch ihre Kinder häufiger sind, ist ein Tabuthema. Ich habe selbst einen solchen Fall im Familienkreis, wo die Mutter von ihrem 13jährigen so verprügelt wurde, daß ihr das eingeschaltete Jugendamt das Kind wegnahm.

Außerdem entsteht durch die Verwöhnung eine Abhängigkeit des Kindes von den Eltern, die ein Leben lang bestehenbleibt. Man lebt immer häufiger im Hotel Mama, bis diese stirbt und muß nicht selten danach ins betreute Wohnen wechseln, da man nie selbständig geworden ist. Die dadurch erzeugte passive Lebenshaltung erwartet von der Welt, daß sie interessant ist ohne eigene Anstrengung und nicht der Mensch durch seine Aufmerksamkeit und Bemühungen das Interessante an ihr erlebt, an ihr auffindet. Das führt in der Konsequenz zu den Drogen, die auf passive Art die Welt interessant machen sollen. Eine wirkliche Drogenprophylaxe in der Erziehung geschieht dann, wenn das Kind zur Aktivität erzogen wird. Zum Bewußtsein, daß der Mensch etwas dazu tun muß, um am Leben die interessanten Seiten erleben zu können und diese sind im Übermaß vorhanden, für den, der sie finden, der sie erleben kann. Wer als Kind gelernt hat das Wunder zu bestaunen, wie im Frühjahr ein Schneeglöckchen aus der Erde sprießt, sich entfaltet und aufblüht, könnte über den Hauptbahnhof gehen und hinterher einen Roman schreiben über das was er erlebt hat, wer es nicht lernte, kann um die ganze Welt jetten und wird sich doch überall schnell langweilen. Drogenprophylaxe ist Erziehung zur Aktivität und damit zur Frustrationstoleranz und nicht die Ermahnungen, die man dem Jugendlichen angedeihen läßt, wenn dann im späteren Alter die Drogen zur Versuchung werden. Da muß die Drogenprophylaxe schon stattgefunden haben. Diese Ermahnungen machen, ohne die richtige Erziehung die ihnen vorausgehen müssen, die Drogen erst richtig interessant.

Nicht frustrationsfrei sollte das Kind erzogen werden, sondern zu einer möglichst großen Frustrationstoleranz. Das bedeutet, ich muß dem Kind zeigen, daß da die Welt ist und die stellt Anforderungen an die Menschen, die muß man kennen, um durch seine Handlungen dieser Welt gerecht zu werden, um sich an ihr zu bewähren, an ihr zu wachsen und diese Welt kann furchtbar interessant sein. Nicht wie macht es die Welt dem Mensch recht, sondern wie macht es der Mensch der Welt recht, wie findet er dort seine Aufgaben, muß Ausgangspunkt der Erziehung sein. Natürlich sollte sich das altersbezogen gestalten, natürlich kann ich an eine Vierjährige nicht die Anforderungen stellen, die ich an einen Zwölfjährigen stellen muß. Dann ist der Blickwinkel ein völlig anderer. Das Kind wendet sich der Welt zu, erlebt an ihr etwas, wächst an ihr und ihren Widerständen. Wenn wir uns das noch einmal an der Vorstellung verdeutlichen, die wir am Anfang entwickelt haben. Die Pfeile müßten nun vom Kinde dem roten Punkt ausgehen und auf den blauen Kreis die Umwelt zeigen. Der rote Punkt in der Mitte, der geistig-seelische Wesenskern des Kindes wird stärker, er wächst, er findet dann seine Befriedigung im Leben, auch ohne Drogen.

Durch die besprochene Erziehungshaltung der Verwöhnung verdirbt man einen Menschen fürs ganze Leben und das ist die heute übliche. Ein kleines Kind, ein Säugling erlebt sich als den Mittelpunkt der Welt und erwartet naturgemäß, daß diese seine Bedürfnis sofort befriedigt, hat es Hunger schreit es. Die Verwöhnung beläßt den Menschen auf dieser Stufe der emotionalen Reife, er bleibt sein Leben lang ein kleines Kind, wird nie richtig erwachsen. Eine innere Entwicklung ist nicht möglich. Das Kind, später der Erwachsene, ist dann oftmals der Welt nicht gewachsen. Für die zunehmende Schulverweigerung finden wir hier die Erklärung. Das hat natürlich nichts mit den kognitiven Fähigkeiten zu tun, die sich auch später noch erweitern können, aber nicht die seelische Reife. In jedem Laden, den auch Kinder betreten, können Sie das studieren. Die Folgen sehen sie an fast jedem jungen Menschen, die immer weniger dem Leben gerecht werden können, den Anforderungen des Lebens nicht mehr gewachsen sind.

Und das hat seine Auswirkungen auf die ganze Gesellschaft. Warum machen denn die Nullen von Politikern so schlechte Politik? Weil sie nie gelernt haben, die Welt und nicht nur ihre Vorstellungen von dieser, wirklich wahrzunehmen, weil sie nie den Zusammenhang sehen in dem ihre Taten in der Welt stehen, warum benimmt sich denn eine Antifa so brutal? Weil sie der Meinung sind, der Mittelpunkt der Welt zu sein, der seine Vorstellungen den andern aufdrängen darf, weil man sie erzogen hat zur Vorstellung, der Wichtigste der Welt zu sein, weil sie ihre Kindheits- ja Säuglingsstufe nie verlassen haben und deswegen gar nicht imstande sind Verantwortung für sich und ihre Taten zu übernehmen.

Und glauben Sie bloß nicht, das sei eine Eigenschaft, die man nur dort findet wo Wohlstand herrscht. Ich habe es schon bei Sozialhilfeempfängern erlebt, daß ihre Kinder das neueste Kickboard für 400 € haben mußten. Oder in einem anderen Fall keine anständigen Schuhe an den Füßen vorhanden waren, aber ein Terrarium mit Kornnatter her mußte, weil die gerade modern wurde.

Man könnte die Verwöhnung auch Wohlstandsverwahrlosung nennen, denn die Aufmerksamkeit die notwendig ist, um eine richtige Erziehung dem Kinde angedeihen zu lassen, die wirkliches Interesse am Kinde voraussetzt und nicht nur der Selbstliebe der Erwachsenen entspringt, bekommen diese Kinder doch nicht, sie werden mit materiellen Gütern und oberflächlichen Sentimentalitäten abgespeist. Zu einer richtigen Erziehung muß der Erwachsene selbst erst ein tieferes Interesse an der Welt entwickeln, um es seinem Kinde vermitteln zu können. Verwöhnung und Interesselosigkeit an der Welt gehören zusammen, sowohl beim Kind als Ergebnis, wie beim Erwachsenen als Ursache. Führe ich in der Erziehung ein Kind an die Welt heran, in der es seine Aufgaben finden soll oder erlebt dieses die Welt als Möglichkeit der eigenen Befriedigung, das ist die Frage.

Und eine richtige Erziehung beginnt schon wenige Wochen nach der Geburt. Wenn das Kind 12 Wochen alt ist und in der Nacht nach Milch schreit und es bekommt nur Tee, so schläft es schnell durch, denn für Tee wacht kein Kind in der Nacht auf, es sei denn es wird noch bespaßt. Das Kind holt sich dann schon am Tag, was es in der Nacht nicht mehr bekommt. Natürlich kann es, wenn das Kind z.B. krank ist, medizinische Gründe geben, warum eine Ausnahme von der Regel erforderlich ist.

Ein drei Jahre altes Kind gehört nicht mehr in den Kinderwagen, es muß lernen sich mit seinen Beinen anzustrengen. Auch das zu lange Stillen fällt unter die Kategorie Verwöhnung. Ein Kind muß mit 9 Monaten vollständig abgestillt sein, anderenfalls wird das Kind zu sehr an die Vererbungskräfte der Mutter gebunden. Zu lange gestillte Menschen zeigen immer die in diesem Artikel geschilderten Symptome der Schwäche. Der anthroposophische Arzt Dr. zur Linden schildert in seinem Buch „Geburt und Kindheit“, daß er einem 50 jährigen Menschen noch ansehen kann, wenn er zu lange gestillt wurde. Zu lang gestillte Kinder werden immer schwierig.

Wenn also das Kind zur Mutter kommt und sich beschwert, weil es sich langweilt, so müßte die Mutter sagen: Langweile dich ruhig weiter, wenn du dich genügend gelangweilt hast, wird dir schon einfallen, was du tun mußt damit die Langeweile vergeht. Freude und Lust müssen ein Ergebnis von Anstrengung, von Bemühung sein, wenn sie auf die Dauer befriedigen sollen. Lust, die mir ohne Anstrengung von außen gereicht wird, verlangt schnell nach einer Steigerung und die Gefahr, daß das am Ende, wie oben ausgeführt, bei den Drogen endet, ist groß. Daß die passive Befriedigung nach einer Steigerung verlangt, können sie an jedem Hollywoodfilm sehen, da wo man früher zur Unterhaltung mit einem Mord auskam, müssen heute nicht nur viele Tote sein, sondern auch Autos, Häuser, Flugzeuge in die Luft gesprengt werden und die Bedrohung der ganzen Welt vor der Haustür stehen.

Statt das wir das Kind unterhalten, mit ihm spielen, sollten wir in seiner Umgebung Tätigkeiten ausüben, die es zum Spiel und zur Nachahmung anregen, Arbeiten, die wir nach Möglichkeit ohne Maschinen ausführen sollten. Die Maschine kann nicht nachgeahmt werden, sondern die manuellen Tätigkeiten und die damit verbundenen Seelenhaltungen werden nachgeahmt. Durch die Nachahmung findet das Kind in seinen Körper, es inkarniert sich das Geistig-Seelische im Körper in der richtigen Art. Ich nannte das immer die personale Integration und aus dieser ergibt sich die soziale Integration des Kindes. Eine Erziehung der Verwöhnung führt zu einer Konstitution des Menschen, die den Hang zur Neurose veranlagt hat.

(1)Das Urteil stützt sich auf den Astralleib. Der Astralleib arbeitet aber bis zum 14. Lebensjahr im physischen Leib. Gewöhne ich ein Kind davor an eigene Urteile, so fußt dieses Urteil auf dem physischen Leib. Der Mensch wird dann sein ganzes Leben keine Urteile mehr fällen können, die unabhängig vom physischen Leib sind, das heißt von Lust und Laune. Deshalb sprechen heute so viele Erwachsene davon „keinen Bock“ zu haben. Erst ab dem 12. Lebensjahr kann man damit beginnen, in der Erziehung auf die Urteile der Kinder vorsichtig aufzubauen.

Rüdiger Keuler, April 2018